Zahlensalat

Salat aus Zahlwörtern

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Regeln für das journalistische Schreiben sind nicht grundsätzlich verkehrt. Sie machen das oftmals termingetriebene Leben des Redakteurs einfacher, indem sie Orientierung geben. Und die Betonung liegt dabei auf „Orientierung“. Mehr können Regeln nicht leisten. Denn kaum eine von ihnen kommt ohne „sofern“, „außer“ oder „gilt nicht, wenn“ aus. Auch das ist nicht verwerflich. Wir haben es mit Sprache zu tun, nicht mit einer statischen Berechnung. Aus dem obersten Ziel, es dem Leser so einfach wie möglich zu machen, können durchaus Sonderfälle resultieren – und damit Ausnahmen von der Regel.

Das muss auch der Volontär in der Zeitungsredaktion feststellen (und der Praktikant in der Kommunikationsabteilung), als er seinen ersten Text schreiben soll. Irgendjemand hatte es ihm ja bereits mitgegeben: In Fließtexten werden Zahlen von eins bis zwölf ausgeschrieben, ab 13 finden dann nur noch Ziffern ins Heft. Hörte sich ja auch logisch an, aber jetzt soll er einen Nullachtfünfzehn-Standardtext über ein Top-10-Ranking schreiben, das das Beratungsinstitut Consulting 4.0 nach einer Umfrage unter Dax-30-Unternehmen erstellt hat. 15,3 Prozent der Pharmaunternehmen haben daran teilgenommen, aber nur 12 Prozent der IT-Firmen. Jetzt hat der 19-jährige Nachwuchs Puls 180, das Internet zeigt zu der Schreibweise von Zahlwörtern null Treffer und der verantwortliche Redakteur (Durchwahl -12) ist gerade auf einem dreistündigen Außentermin in Viersen (Susanne-Dreiseitl-Platz 11a). Und in 10 bis 20 Minuten, also circa um 11 Uhr, soll der zweiseitige Text für Seite 1 fertig sein. Was ein Stress – und alles für 8,50 Euro pro Stunde. “Hätte ich doch meinen Job bei KFZ-Teile 24 nicht aufgegeben …”

So eine Regel ist oftmals leider schon zu Ende, wenn das Texter-Leben anfängt. Sollten beim Kunden keine Richtlinien vorliegen, halte ich mich an folgende Vorgaben – oder sagen wir besser „Leitplanken“.

In Fließtexten werden Zahlen ausgeschrieben. Die Schreibweise in Ziffern setze ich hingegen in diesen Fällen ein:

1. Zahlen ab 13 (wenn nicht eine der unteren Regeln greift)
2. Zahlen nach Nomen: Platz 1, Seite 3, Faktor 2, Top 10, Web 2.0 (siehe auch 6.)
3. Verhältnisse/Ergebnisse: 1:15
4. Dezimalzahlen: 265,70
5. Vergleich/Von-bis-Formulierungen (Schreibweise angleichen): Peter hat 12 Äpfel, Klaus hat 15; Das Ergebnis der SPD stieg von 8 auf 9,1 Prozent; zwischen 10 und 15 Minuten; 3 – 30 Teilnehmer
6. Nummern/Nummerierungen: Daten, Uhrzeiten, Telefonnummern, Hausnummern, Postleitzahlen etc. (siehe auch 2.)

Fazit: Es gibt eine Regel, es gibt Ausnahmen von der Regel und es werden Ihnen früher oder später Ausnahmen von der Ausnahme von der Regel begegnen. Bleiben Sie in Ihren Texten einheitlich und lesefreundlich – Ihre Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter werden es Ihnen danken.

Grafik: Volker Lahr