Füttern verboten – Twittern unerwünscht

Twitter-Futter

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Seit einigen Wochen bin ich auch auf Twitter unterwegs. Ich habe dort, nachdem ich meinen Account angelegt hatte, in einem Anflug von Anfänger-Enthusiasmus direkt einmal einige Kanäle abonniert, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen wie ich. Wer weiß, was man hier alles so liest und lernt. Schon nach ein paar Stunden und gefühlten 150 Tweets wusste ich, dass ich offenbar den falschen der zwitschernden Kollegen folge.

Viele Lektoren und Korrektoren sehen ihre Twitter-Mission darin, schiefe Formulierungen, Zweideutigkeiten, Rechtschreibfehler oder Floskeln zu veröffentlichen – im Minutentakt, ohne Verbesserungsvorschlag und immer mit einem „launigen“ Kommentar. Und das nicht ohne Erfolg, sofern man Likes und Retweets so bezeichnen will. Klar, auch mir fallen immer wieder Dinge auf, die auf Twitter dankbare Abnehmer finden würden. Und ich wollte auch kurz nach dem Start meiner Twitter-Karriere eine sprachliche Kuriosität mit dem Handy fotografieren – aber plötzlich hatte ich eine Erscheinung: „Akku leer“. Ich wertete das als Wink des Himmels. Oder sagen wir es so: Franz von Sales, Schutzpatron der Schriftsteller, hatte mich – vermutlich in enger Zusammenarbeit mit Steve Jobs – vor einer großen Dummheit bewahrt. Denn ich war kurz davor, von dem rechten, also serviceorientierten, Weg abzukommen. Was bringt ein Tweet, der zwar feststellt, aber nicht sagt, wie es besser gehen könnte?

Es wirkt vielleicht trotzig, und das ist es auch: Ich werde fortan Text-Beispiele herausfischen und präsentieren, die aus meiner Sicht gut sind. Los geht’s! Gestern sah ich an einem See ein Füttern-Verbotshinweis. Einen Schild-Text zu schreiben, ist nicht einfach. Man muss Wichtiges sagen und hat dafür wenig Platz. Und wer dann noch ein Verbot aussprechen muss und dieses auch begründen will, neigt dazu, steif zu formulieren und zu substantivieren. Ich hatte daher so etwas wie das hier erwartet:

„Die Fütterung der Tiere ist aus Gründen der möglichen Schäden für das Gewässer strengstens verboten.“

Dem Verfasser hätte die Freak-Formel helfen können: aktiver formulieren, weniger Substantive, mehr Verben, konkreter werden, kürzer schreiben etc. Aber die Interessengemeinschaft für Fischzucht e. V. hat es drauf! Dort stand – einfach, klar und unaufgeregt:

Füttern verboten

Gut gemacht! Sicherlich hat die Gestaltung des Schildes noch Optimierungspotenzial und ein Hinweis, dass Füttern auch für die Tiere gefährlich sein kann, hätte vielleicht noch mehr Gewicht gehabt. Aber um all das sollen sich doch Schildermacher, Mediengestalter und Tierärzte kümmern.

Ja, ich habe es gesehen: Da fehlt ein Komma – aber wir dürfen nicht meine (mittlerweile “entfolgten”) Twitter-Lektoren vergessen. Sie müssen ja ihre 280 Zeichen vollbekommen. Hier also ein bisschen Twitter-Futter: „Wer hat das Komma weggeangelt?“, „Die Interessierten sollten mal ein paar Kommas züchten!”, „Guck mal, der Kommaran war da!“, “Gans ohne Komma geht nicht!“

#bitteschön